Fehlende Cleverness, Kaltschnäuzigkeit und Erfahrung. Diese drei Begriffe tauchen in der noch jungen Bayernligasaison Woche für Woche auf wenn es darum geht, die Spielverläufe aus Sicht der SG Helmbrechts/Münchberg zu analysieren. Trotzdem spielerisch fast immer mittendrin mit vielen guten Szenen und Aktionen, doch am Ende fehlte bisher immer der Ertrag.
Kommt dann auch noch eine erste Halbzeit wie die gegen den Mitaufsteiger TSV Simbach hinzu, dann schmilzt die Aussicht auf Zählbares schon früh dahin. Das bestätigte SG-Trainer Christopher Seel nach Spielschluss mit folgenden Worten: „Halbzeit eins muss man nichts beschönigen, hier war der Gegner klar besser und deutlich gewillter. Einmal mehr wurde schonungslos gezeigt, dass nur wenig richtig schlechte Minuten reichen um in dieser Liga massive Probleme in Form von Rückständen zu bekommen.“
Und diese wenigen Minuten erstreckten sich nicht über die komplette erste Hälfte, sondern tatsächlich nur über Teilabschnitte. Da war nach vorne wieder einmal der berühmte Wurm im Spiel. Hinten allerdings zeigte die Abwehr oft bisher nicht an der Tagesordnung gewesene Schwächen und Abstimmungsprobleme. Es fehlte einfach der Zugriff zum Gegner. Dies galt für Distanzwürfe, genauso wie im Spiel Frau gegen Frau oder der Körperkontakt zu den gegnerischen Außen- und Kreisläuferinnen.
Die Gäste nutzten diese Freiräume nach Belieben und hatten zudem das Glück, das im Umkehrfall für Torhüterin Mia Hahn ebenso oft zum Pech wurde. Imme wieder mit Fuß- und Fingerspitzen am Ball, fand das Spielgerät letztlich doch den Weg ins Tor. In diesen Phasen verschwor als sich nahezu alles gegen die Gastgeberinnen.
Die Spielstände von 4:4 auf 6:13 und dann von 9:14 auf 11:20!! sprechen Bände. Mit 11:19 in die Kabine, dann hochmotiviert zurück und 19 Sekunden nach Wiederanpfiff 11:20. Da hätten viele andere Mannschaften sich im Kopf aus dieser Partie ausgeklinkt.
Doch nicht die SG-Damen, bekannt für Aufholjagden der besonderen Art. Die Köpfe jetzt ganz weit oben! Das übertrug sich auf das gesamte Team und auf die Ränge. Nun wurde auf´s Parkett gebracht, was in Halbzeit eins oft nicht abgerufen wurde. Der Beweis wer Frau im Hause ist. Die Gäste merkten schnell, dass ihnen nun ein anderer Wind ums Gesicht wehte.
Knapp sieben Minuten und aus dem 11:20 wurde ein 17:22. Im selben Maße wie dieser Spielverlauf am gegnerischen Nervenkostüm zehrte, spielten und knieten sich die SG-Damen immer mehr und zudem besser ins Match. Das fasste Trainer Seel am Ende wie folgt zusammen:
„Für Halbzeit zwei muss ich großes Lob an unsere beiden Außen, Lisa Jakob und Denise Bär aussprechen, welche eine sehr gute Abschlussquote hatten. Dazu die Leistung von Carina Hempfling, die außerordentlich gut war.
Besonders hat mich aber gefreut, dass Sara Kantnerova nun komplett angekommen ist und auf der Mitte eine ganz starke Partie gezeigt hat. Sarah Hüller hat hier ebenfalls alles reingeworfen was ging, aber ihre Verletzung an der Schulter macht uns leider große Sorgen.“
Das alles trug auch dazu bei, dass wieder ein Krimi drohte, der in den Schlussminuten seinen Höhepunkt fand. Die Niederbayern waren längst von ihrem Weg der ersten dreißig Minuten abgekommen oder besser, von den Gastgeberinnen abgebracht worden. Die SG zelebrierte jetzt Bayernligahandball vom Allerfeinsten. Wenn nur diese vermaledeite erste Hälfte nicht gewesen wäre, dachten bestimmt nicht nur die knapp 300 Fans auf den Rängen.
Doch es sollte noch besser kommen. Unter dem Motto „wenns läuft dann läufts“ spielten die Frankenwäldlerinnen, die ohne das für sie sonst gewohnte Harz jetzt fast hilflos wirkenden Gäste nahezu an die Wand. Die Summe dieser Galaminuten war der 31:31 Gleichstand und nochmals Ballgewinn zum letzten Angriff. Doch als wäre die Hallenuhr zwei Wochen nach hinten gestellt worden.
Dort hieß in der Münchberger Gymnasiumhalle der Gegner HBC Nürnberg, der bei identischem Spielstand ebenfalls nochmals in Ballbesitz kam und 4 Sekunden vor Schluss den Siegtreffer markierte. So verloren auch diesmal die SG-Damen den Ball auf den Weg nach vorne und die Hallenuhr zeigte wieder haargenau 59:56 Minuten als der Ball zum Simbacher Siegtreffer im Netz zappelte. Fortuna scheint den Weg in den Frankenwald bisher noch nicht gefunden zu haben. Trainer Seel packte die Sekunden des Grauens so zusammen:
„Was das dramatische Ende angeht, so kann ich nur sagen, dass es mir für die Mädels unheimlich leid tut, jetzt schon den zweiten Nackenschlag so hinnehmen zu müssen. Zweimal in dieser Art und Weise zu verlieren, binnen zwei Wochen, lässt mich sprachlos zurück.
Die Situation ist alles andere als rosig, wir haben uns das auch anders erhofft. Aber wir müssen uns nun der Situation stellen und einfach weiterkämpfen so banal es auch klingt. Irgendwann ist dann hoffentlich auch einmal das Glück auf unserer Seite.“
So bleibt den SG-Mädels nichts anderes übrig, als die guten Szenen diese Begegnung ins Gedächtnis einzuzementieren, um dann am kommenden Samstag ab 18:00 Uhr beim HSV Bergtheim einen neuen Anlauf nach den ersten Saisonpunkten zu nehmen.
SG Helmbrechts/Münchberg II – TSV Simbach 31:32 (11:19)
SG H/M II:
Brugger, Hahn (Tor);
Hüller (1), Hempfling (9/1), Smrhova (1), Schlegel, Bär (5/3), Kantnerova (5), Popp, Drozdova, Knoll (2), Schöffel, Jakob (6), Roßner (1), Neeser (1),
Schiedsrichter: Hehn (MTV Stadeln); Jauch (HSG München-Süd)
Zuschauer: 280
Zeitstrafen: 4; 2.
Siebenmeter: 6/4; 7/5
Spielfilm: 0:2, 4:4, 4:9, 6:13, 9:17, 11:19 (HZ); 11:20, 13:22, 17:22, 19:27, 22:30, 29:30, 29:31, 31:31, 31:32.