Die besondere Konstellation im Kampf um den Abstiegsrelegationsplatz bringt Woche für Woche Spannung und Dramatik bei den Begegnungen, die diese Tabellenregion betreffen. Es ist nicht nur der Blick auf die Tabelle, es sind auch die Gedankenspiele ständiger Begleiter. Da ist es nur allzu verständlich, wenn sich die betroffenen Mannschaften schon im Vorfeld immer wieder ausrechnen, bei welchem Gegner etwas zu holen sein könnte und wo eventuell schon von vornherein die Erfolgschancen nicht so hoch einzustufen sind.

Aus Sicht der SG Helmbrechts/Münchberg ist es der eminent starke Liganeuling ESV 27 Regensburg gewesen, bei dem man nicht unbedingt auf einen Auswärtserfolg spekulierte. Doch dann kam alles ganz anders.

Zur völlig ungewohnten Anwurfzeit am Samstag ab 15:00 Uhr packten die Gäste ihren besten Handball aus und überzeugten mit einem Auswärtsauftritt, den es in der Form schon lange nicht mehr gegeben hatte. Abgesehen von Jakob Pritschet, der verletzungsbedingt ein Stück weit geschont wurde, warfen alle das ins Match, was am Ende den Erfolg bringt.

Es war ein geschlossener Auftritt in allen Mannschaftsteilen. Die Torhüterleistungen passten die Abwehr funktionierte einwandfrei, engte die gegnerischen Räume ein, verschob, ging dazwischen, blockten was nur irgendwie ging und nahmen dabei den heimischen Angreifern schon früh im Spiel jeden möglichen Zentimeter an Bewegungsfreiheit und damit verbundener Durchschlagskraft.

Das brachte früh Ballgewinne, die nach vorne gewinnbringend umgesetzt wurden. Was folgte war ein Start ins Match, der die Brust immer breiter und die Rückenstärkung immer gewaltiger werden ließ. Janne Roßner, der als Rechtshänder auf Halbrechts viel Einsatzzeit für den etatmäßigen Halbrechten Jakob Pritschet bekam, traf zum 0:1 und 0:3. Dazwischen das Tor von Dusan Ilijin zum 0:2, gefolgt von einem lupenreinen Hattrick durch Darek Zach zum 0:6.

Ein Gästestart nach Maß, der bei den heimischen Zuschauern auch ein Stück weit Kopf schütteln hervorrief. Doch auf den Rängen setzten die Fans wahrscheinlich auf die bekannte Regensburger Heimstärke und dachten sich: „Wird schon noch funktionieren!“ Doch genau das tat es nur bei den Gästen. Die Seiferth-Schützlinge legten nach, zauberten aller feinsten Oberligahandball aufs Parkett und stürzten dabei die Hausherren von einer Verlegenheit in die andere.

Geht da in Richtung Auswärtserfolg eventuell doch was. Die Anfangsviertelstunde ließ bei den Frankenwäldlern eigentlich gar keine anderen Gedanke zu. Vor allen Dingen deshalb nicht, weil aus der Geschlossenheit trotzdem noch Blöcke oder Spieler hervortraten, die der Partie zusätzlich ihren Stempel aufdrückten. Die Rede ist u.a. von den Außenpositionen. Ein ganz gewichtiger Faktor in diesem Spiel, weil nicht nur Silas Pritschet auf Rechtsaußen sondern vor allem der 6-fache Torschütze Julian Merz auf Linksaußen glänzten.

Das sind die Tore, die in dieser Form bisher nicht in jeder Partie so vorhanden waren. Die Gefährlichkeit der Außen zwang diesmal die gegnerische Deckung zu wachsameren Agieren im kompletten Deckungsverbund. Die Außen mussten enger kontrolliert werden, Räume für die Rückraumakteure wurden größer. Genau das kam Darek Zach entgegen, der in Abwehr und Angriff eine exzellente Vorstellung ablieferte.

Die Zahnräder bei der SG griffen. Auch wenn die Gastgeber alles gaben, immer wieder ihre Chance suchten. Mehr als eine Resultatsverbesserung bis zum 12:15 Pausenzwischenstand kam dabei nicht heraus.

Entscheidend die Minuten nach dem Wechsel, die bei der SG in anderen Begegnungen auch schon mal nicht Fisch und Fleisch waren. Diesmal ganz anders. Die SG, von Trainer Christian Seiferth auf die Minute glänzend eingestellt, funktionierte weiter. Dies teilweise so souverän, dass der Gedanken aufkommen konnte: Wo nehmen die Oberfranken plötzlich das Selbstbewusstsein auf fremden Parkett her? Die spielerischer Souveränität und Leichtigkeit erinnerte eigentlich mehr an einen Heimauftritt.

Bei den Oberpfälzern erzeugte diese Körpersprache auf jedem Fall Wirkung. Obwohl die Mannen um Spielmacher und achtfachen Torschützen Marcel Elgeti alles versuchten. Die Gäste ließen nichts zu und vor allen Dingen den ESV 27 nicht ins Spiel kommen. Es war die Phase um und nach der 40. Minute, als die Mannen aus Helmbrechts und Münchberg den Handballhammer auspackten.

Längst gefallen an der eigenen Darbietung gefunden spielten sich die Gäste in einen Rausch und bauten den Vorsprung Tor um Tor aus. Die Anzeigentafel stand in der 53. Minute auf 21:31. Ein Zwischenstand, den man nicht einmal in seinen kühnsten Vorausprognosen auf der Rechnung hatte. Der Stachel saß jetzt beim ESV 27 tief. So wollte man sich nicht aus der Halle schießen lassen.

Gelang letztendlich auch, aber nur deshalb, weil die Gäste in der Endphase verständlicherweise die Zügel etwas schleifen ließen. So wurde mit einem Regensburger 5:1-Endspurt noch ein erträglicheres Resultat, das aber den überragenden Gesamteindruck, den die SG an diesem Tag an der Donau hinterließ, in keinster Weise schmälern konnte.

Trainer Christian Seiferth brachte es nach dem Abpfiff auf den Punkt: „So sieht Handball aus. So sieht Teamgeist aus. Hinfallen, wieder aufstehen und gemeinsam voll durchziehen. Chapeau.“

ESV 27 Regensburg – SG Helmbrechts/Münchberg 26:32 (12:15)

SG H/M: Hurt, Behrens (Tor); Benjamin Aust, Panzer (2), Silas Pritschet (3), Zach (8), Dominik Aust, Bär (1/1), Eberhardt, Julian Merz (6), Christoph Huber, Janne Roßner (3), Jonas Roßner (5), Jakob Pritschet, Ilijin (4).

Schiedsrichter: Porogi / Sapi (Eching)

Zuschauer: 150

Zeitstrafen: 4; 5.

Siebenmeter: 4/4; 2/1.

Spielfilm: 0:6, 3:10, 6:10, 8:11, 10:13, 12:15 (Pause); 12:17, 14:21, 16:23, 18:26, 20:28, 21:31, 23:31, 26:32.