Was war das für eine verrückte Schlussphase, die in fast allen Szenen den Derbycharakter nochmals nachdrücklich unter Beweis stellte. SG-Trainer Christopher Seel zitierte nach dem Schlusspfiff mit ein klein wenig Eigenkritik gegen sich selber: „Ich nehm die Niederlage auf meine Kappe, ich wollte eben gewinnen.“ Was war passiert, dass den SG-Trainer zu diesem Resümee veranlasste. Die Hallenuhr stand auf 59:30. Gefrees durch die Zweiminutenstrafe gegen Tamara Schmitz in Unterzahl auf 5 Feldspieler reduziert. Die SG nahm die Auszeit und dann riskierten die Bankverantwortlichen alles. Torwart raus und 7:5 Überzahl bei eigenem vermeintlich letzten Angriff. Möglichst noch eine klare Chance herausarbeiten, diese nutzen, um dann als Derbysieger die Halle zu verlassen.
Der Schuss ging aber genau in die andere Richtung los. Der über weite Strecken sehr gut leitende Unparteiische Andreas Moller machte das, was in einer entscheidenden Phase auch schon mal anders geregelt werden kann, um als Schiedsrichter nicht zum Spielmitentscheider zu werden. Es war eine der oft zitierten 50:50-Entscheidungen, die gegen die Heimmannschaft ausgelegt wurde. Dass beim dann letzten Gefreeser Konter bei einem Zweikampf um den Ball zum Entsetzen der Gastgeber auch noch der Siebenmeterpfiff ertönte, lässt den faden Beigeschmack noch bitterer erscheinen.
Julia Utz konnte dies völlig egal sein. Bereits vorher vom Punkt aus dreimal souverän verwandelt, netzte sie auch diese Gelegenheit nach 59:57 Minuten zum vielumjubelten Gefreeser Siegestreffer ein. TVG-Spielertrainerin Caroline Dörfler packte ihre Zusammenfassung in folgende Sätze: „Uns scheint der Umbruch zu jungen Spielerinnen, ausschließlich aus den eigenen Reihen geglückt. Die Nervenstärke und die Torhüterleistung von Luisa Bauer machten in den wichtigen Phasen den Unterschied.“
Wobei an dieser Stelle anzumerken sei, dass an diesem Tage 3 exzellente Torfrauen auf dem Parkett standen. Vor allem Sophia Thiemt im SG-Gehäuse sollte sich mit ihrer überzeugenden Leistung über die gesamte Spielzeit keinesfalls als Verliererin fühlen. Bei den Gästen legte Kim Hörath in Halbzeit eins den Grundstein, wobei im zweiten Abschnitt Luisa Bauer die Darbietungen zwischen den Pfosten noch steigerte. Gerade während der jeweils knappen SG-Führungen in der letzten Viertelstunde war sie maßgeblich daran beteiligt, dass die Gastgeber nicht hier schon den Sack zumachten. Zuhauf vereitelte sie klarste SG-Einwurfmöglichkeiten.
Hätte man auf SG-Seite in der einen oder anderen Phase nicht zu fahrig und nervös gehandelt, wäre die Vorentscheidung möglich gewesen. Doch aus dem 21:19 wurde ein 21:21 und aus dem 23:22 die Niederlage, die in ihrer Anbahnung an Dramatik und Spannung nicht zu toppen war. Gerade als es richtig eng wurde, riss die EX-Münchbergerin und jetzige Gefreeser Spielertrainerin Caroline Dörfler ihre Nebenleute mit und dies nicht nur wegen dem 22. und 23. Gefresser Treffer, die beide auf ihr Konto gingen.
Dabei begann die Partie doch eigentlich ganz anders und steuerte frühzeitig in Richtung der Gäste. Es war ein Wechselbald der Gefühle, durch das auch die begeisterten Zuschauer mitgingen. 2:18 Minuten waren erst gespielt und schon führte die Schützlinge von Christopher Seel und Daniel Schenk 3:0. So hatte man sich das bei den Hausherren vorstellt, doch bestimmt länger als dies die junge SG-Truppe auf die Platte brachte.
Peu á peu gab das Heimteam das Zepter aus der Hand. Im Umkehrfall witterten die Gäste Morgenluft, zumal sie den Rückstand mit einem 5:0-Lauf umbogen. Ähnliches Kunststück gelang vom 4:5 bis zum 5:12 mit einem 7:1-Lauf. In diesem Abschnitt merkte man, dass den Gastgeber einfach noch die Reife fehlt, die man von einer so jungen Truppe zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht verlangen darf und kann.
Umso bewundernswerter, wie sich das Team im weiteren Verlauf ins Match zurückarbeitete. Es war über weite Strecken richtig guter Handball auf Bezirksoberliganiveau, den die Lokalkontrahenten boten. Die dramatische Endphase rundete die beiderseits gelungenen Darbietungen ab.
Vielleicht ist das Zitat eines neutralen Beobachters auf der Tribüne das Treffendste, wenn man den gesamten Verlauf nochmals Revue passieren lässt. „Ein Unentschieden wäre aufgrund der gezeigten Leistungen der gerechteste Ausgang gewesen“. Kann man so stehen lassen. Auch dann, wenn das 23:24 nach dem Abpfiff verständlicherweise überschwängliche Freude auf der einen und Niedergeschlagenheit auf der anderen Seite gegenüberstanden.
SG Helmbrechts/Münchberg 2 – TV Gefrees 23:24 (12:15)
SG Helmbrechts/Münchberg 2 : Thiemt, Schock (Tor); Hüller, Reif (7/3), Zeitler (1), Popp (3), Schlee, Schmidt (1), Erhard (2), Klier (3), Hoffmeister (2), Knoll (2), Holdstein (2), Prian.
TV Gefrees: Hörath, Bauer (Tor); Nadine Sieß (3), Schmitz (4), Sachs (3), Dörfler (3), Hellmuth (1), Baier, Utz (5/4), Greiner, Jenny Sieß (1), Weißheit (1), Grübert, Jakob (3).
Schiedsrichter: Moller (HaSpo Bayreuth)
Zuschauer: 120
Zeitstrafen: SG 3; TV 4.
Siebenmeter: SG 4/3; TV 6/4.
Spielfilm: 3:0, 3:5, 4:8, 5:12, 7:13, 11:14, 12:15 (HZ); 14:16. 18:16, 19:19, 21:19, 21:21, 23:22, 23:21, 23:24.